Mestnitschestwo

Mestnitschestwo
Mestnịtschestwo
 
[russisch, zu mesto »Platz«] das, -(s), Mestnịčestvo [-tʃ-], die Rangordnung des Adels im Zivil- und Militärdienst des Moskauer Reiches. Ursprünglich wohl aus der Sitzordnung an der großfürstlichen Tafel hervorgegangen, hatte das Mestnitschestwo eine Art Ersatzfunktion für die fehlenden Lehnsbeziehungen im nicht voll ausgebildeten Feudalismus in Russland; es bestimmte die offizielle Würde der Fürsten und Bojaren aus einer Mischung von Abstammungs- und Dienstrechten. Vererbt wurden nicht die Ämter innerhalb der Familie, sondern die Dienstbeziehungen zwischen den Familien. Die russische Oberschicht kannte bis Peter I., dem Großen, keine Titelhierarchie; nur Nachkommen von souveränen Fürsten durften den Fürstentitel tragen. Das komplizierte Mestnitschestwo, das sich im 15. Jahrhundert voll herausgebildet hatte, räumte jedem höheren Beamten nach der Geschlechterwürdigkeit entsprechend dem Dienstrang seiner Vorfahren eine individuelle Rangstufe ein und berücksichtigte ihn bei der Ämtervergabe. Dies gab häufig Anlass zu Streitigkeiten. Um diese zu vermeiden, hatte Iwan IV., der Schreckliche, ein »Herrscherliches Geschlechterbuch« und eine »Herrscherliche Dienstliste« zusammenstellen lassen. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an wurde das Mestnitschestwo in kritischen Zeiten vorübergehend außer Kraft gesetzt, da sonst fähige Feldherren ohne vornehme Vorfahren kein Kommando übernehmen konnten. 1682 wurde das System des Mestnitschestwo abgeschafft.

Universal-Lexikon. 2012.

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